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              | Date: 2001-10-14 
 
 AT: Gefaehrliche Naivitaet-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
 
 Der aktuelle Leitartikel im heute erschienenen
 österreichischen Nachrichtenmagazin 'profil' kann
 als Lehr-Beispiel dienen für nicht zu Ende
 gedachte Argumentation in Sachen Fingerprints. In
 ihrer endogenen Schlüssigkeit ist sie gefährlich.
 
 Fingerprints wären gut und praktisch, schlecht
 nur, dass der Vorschlag dazu von den hiesigen
 Freiheitlichen käme, die zum Thema Datenmissbrauch
 eine angepatzte Weste hätten.
 
 Die Verwebung mit lokal/politischer
 Schlammschlacht überdeckt die eklatanten Schwächen
 der international gültigen Argumentation:
 
 -.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-  -.-. --.-
 
 Kommentierter Volltext von Profil, zum gefälligen
 Vergleiche mit dem  bislangigen Stande der
 Diskussion:
 
 Freiheitliche Fingerübung
 
 Fingerabdrücke im Reisepass sind sinnvoll  die diesbezügliche Forderung
 der FPÖ jedoch bedenklich.
 
 Von Stefan Janny
 
 Jörg Haider und Peter Westenthaler treten dafür ein, dass, erstens,
 Asylwerbern sowie, zweitens, allen Österreichern Fingerabdrücke
 abgenommen und diese dann zu Identifikationszwecken gespeichert werden.
 
 Die Empörung über diesen Vorstoß war ebenso beträchtlich wie vorhersehbar.
 Die Vertreter von SPÖ, Grünen und ÖVP, die Präsidenten der Caritas, des
 Nationalrats und der Republik distanzierten sich unisono von der
 Fingerprint-Forderung der FPÖ. Selbst der Bundeskanzler, ansonst nicht
 unbedingt dafür bekannt, dem Kärntner Landeshauptmann und dessen Wiener
 Alter Ego mannhaft entgegenzutreten, zeigte sich pikiert.
 
 Der durchaus nicht neue Eindruck, hier die FPÖ, dort die Vernunft,
 könnte sich bei oberflächlicher Betrachtung ohne weiteres aufdrängen.
 Doch die Angelegenheit ist keineswegs so simpel, wie es die praktisch
 einhelligen Reaktionen der politischen Elite des Landes nahe legt.
 
 Dies zeigt unter anderem ein Blick über die Landesgrenzen. So befürworten
 in der Bundesrepublik beispielsweise die Herren Gerhard Schröder, Otto
 Schily und Joschka Fischer die Forderung, Fingerabdrücke in Reisepässe
 und Personalausweise aufzunehmen. In Spanien ist dies längst Gesetz.
 Und in Kanada, um nur eines von zahlreichen weiteren Beispielen zu nennen,
 wird jeder Einreisende künftig einen Fingerabdruck abgeben müssen.
 
 Tatsächlich spricht vieles dafür, dass sich der Fingerprint schon in
 sehr absehbarer Zeit zum allgemein gebräuchlichen Identifikationsmerkmal
 entwickeln wird. Und die von den Gegnern einer solchen Abdruckabnahme
 vorgebrachten Argumente sind größtenteils wenig stichhaltig.
 
 Ausweise haben den Zweck, ihren Inhaber möglichst eindeutig zu
 identifizieren. In der Regel erfolgt dies derzeit durch ein Lichtbild.
 Eine überaus unpräzise und fehleranfällige Methode. Das Foto in einem
 15 Jahre alten Führerschein kann möglicherweise zur Erheiterung dienen,
 zur eindeutigen Identifikation seines Inhabers ist es oft genug ungeeignet.
 
 > Der Zweck der Eindeutigkeit ist unbestritten.
 > Das Thema ist jedoch, um welchen Preis diese
 > Eindeutigkeit erzielt werden kann. Ist mit
 > menschen/würdigen Methoden diese Eindeutigkeit
 > nicht erzielbar, steht der Sturz dieses Dogmas
 > zur Diskussion.
 
 Ein Fingerabdruck erfüllt exakt diesen Zweck auch Jahre nach der
 Ausstellung eines Dokuments präzise und fehlerfrei. Und überdies ist
 sichergestellt, dass verlorene oder gestohlene Ausweise nicht von
 Unbefugten benutzt werden können.
 
 > Hier ignoriert der Autor sämtliche technische
 > Erkenntnisse der letzten Jahre. Im Bereich der
 > Biometrie können Fingerprints nur eine
 > Näherungskonstruktion darstellen. Für derart
 > weitrechende Maßnahmen wie maschinengestützte
 > Identifikation - und vor allem dessen
 > organisatorischer Unterbau - scheinen sie
 > jedenfalls höchst ungeeignet.
 
 Anders als die längst erfolgte Einführung maschinenlesbarer Reisepässe,
 die  zumindest theoretisch  zusätzliche Möglichkeiten zur Überwachung
 auch unbescholtener Bürger eröffnet hat, stellen Fingerprints keine solche
 Maßnahme dar. Sie sind bloß eine ziemlich praktische Methode zur
 Vermeidung der missbräuchlichen Verwendung von Dokumenten.
 
 > Hier bleibt dem Techniker die Luft weg:
 > Fingerprints auf Pässen als nicht maschinlesbar
 > darzustellen. Und anders als Reisedokumente
 > können Fingerprints nahezu vollautomatisch an
 > den unterschiedlichsten Stellen abgenommen
 > werden - sogar ohne bewusste Wahrnehmung des
 > Betroffenen. Besonders auffällig: Wie weiter
 > unten zu lesen, ist dies dem Autor durchaus
 > bekannt.
 
 Dass Fingerprints hierzulande bislang hauptsächlich mit Kriminellen und
 deren Delikten assoziiert werden, ist zutreffend. Daraus die
 Schlussfolgerung abzuleiten, den Österreichern sei deshalb die Anbringung
 ihrer Daumen- oder Mittelfingerabdrücke auf Personaldokumenten aus
 kulturellen Gründen unzumutbar, ist jedoch von enden wollender
 Argumentationskraft. Die Benutzung einer Währung namens Euro ist in der
 österreichischen Volkskultur zurzeit ebenfalls eher dürftig verankert.
 Was freilich nach herrschender Ansicht nicht wirklich gegen die
 Sinnhaftigkeit der Einführung besagter Währung spricht.
 
 > Doch, Herr Autor. Der Vergleich hinkt
 > erbärmlich. Der Wechsel in Verwaltungstechniken
 > ist eben nicht gleichzusetzen mit der Schaffung
 > von technischen Überwachungsgrundlagen, die nur
 > durch die jeweilige tagespolitische
 > Befindlichkeit kontrollierbar sind. gerade weil
 > Fingerprints nicht ausreichend eindeutig sind,
 > ist ihre Implementation noch viel
 > unverantwortlicher.
 
 Hunderte Besucher der Linzer Ars Electronica, des europa-, wenn nicht
 gar weltweit avanciertesten Festivals an der Schnittstelle zwischen
 Kunst und Elektronik, hatten dieses Jahr übrigens keinerlei kulturell
 bedingten Probleme, ihre Fingerprints registrieren zu lassen, um dann
 mittels Daumenabdruck Zutritt zu den Ausstellungen, Diskussionen und
 Workshops zu erhalten. Der jeweilige Eintrittspreis wurde völlig
 bargeldlos über die Handyrechnung beglichen.
 
 > Den technischen Spieltrieb im Rahmen einer
 > Ausstellung mit der Akzeptanz im täglichen Leben
 > gleichzusetzen ist an der Grenze zur
 > Fahrlässigkeit. Zudem hat das p.t. Publikum
 > immer schon Bequemlichkeiten zugejubelt, deren
 > Konsequenzen sie in den seltensten Fällen ohne
 > Aufklärung absehen konnte.
 
 Zahlreiche Unternehmen arbeiten bereits an praktischen Umsetzungen
 solcher Technologien. Der Fingerprint als Ersatz für den Autoschlüssel
 ist bereits serienreif, das Bezahlen bei Kaffee- oder Cola-Automaten
 mittels Daumenabdruck und Abbuchung des Kaufpreises über die
 Handyrechnung wird nicht mehr lange auf sich warten lassen und die
 lästige Suche nach dem passenden Kleingeld ersparen.
 
 Diese und ähnliche Anwendungen werden sich ohne jegliche staatlichen
 Zwangsmaßnahmen durchsetzen, weil sie praktisch, sicher und effizient
 sind. Die Frage der kulturellen Akzeptanz des Fingerabdrucks als
 Instrument der Identifikation wird sich somit schon in naher Zukunft
 überhaupt nicht mehr stellen.
 
 > Die Erwartungshaltung des Autors mag leider
 > berechtigt sein. Bedenklich daran ist, dass er
 > im Folgenden die Gefahren selber anführt, ohne
 > sie auch nur irgendwie in Kontext zu stellen:
 
 Dass es jedoch ausgerechnet die FPÖ ist, die den Fingerprint fordert,
 erweist der Sache keinen guten Dienst. Denn Grundvoraussetzung, um
 den Fingerabdruck auf Ausweisen zu befürworten, ist die Garantie, dass
 die staatlichen Institutionen mit den gespeicherten Daten sorgsam und
 gesetzeskonform umgehen. Und Bedingung, damit sich kommerzielle
 Anwendungen der Fingerprint-Technologie durchsetzen, ist das Vertrauen
 der Konsumenten, dass kein Missbrauch betrieben wird.
 
 > Man staune ergriffen: "Grundvoraussetzung ist
 > die Garantie, dass mit den Daten sorgsam und
 > gesetzeskonform ungegangen wird". Und darum gibt
 > es auch keine Schnellfahrer und Parksünder. Das
 > Vertrauen der Konsumenten beruht hauptsächlich
 > auf ihrer Unkenntnis im Umgang mit Datenbanken.
 
 Eine Partei, die jedoch führende Vertreter in ihren Reihen zählt,
 die im Verdacht stehen, sich widerrechtlich sensible polizeiliche
 Daten über politische Gegner besorgt zu haben, ist diesbezüglich
 alles andere als glaubwürdig.
 
 > Dieser Schlusspunkt ist zugleich der Höhepunkt:
 > Im Bewusstsein, dass entsprechende Datenbestände
 > unter geänderten politischen Verhältnissen
 > leichtest auch anderweitig erhoben und benutzt
 > werden können, einfach nur auf die bösen Knaben
 > einer Partei zu verweisen - das ist
 > atemberaubend.
 
 > Wäre das 'profil' nicht ein angesehenes und
 > verdienstreiches Nachrichtmagazin, an dessen
 > Lauterkeit niemand zu rütteln gedenkt - ließe sich
 > ein derartiger Leitartikel fast als bezahlte
 > Anzeige der Biometriehersteller lesen. So kann es
 > nur Informationsmangel sein, den es raschest zu
 > beseitigen gilt, ehe diese gefährliche
 > Argumentationslinie zum Allgemeingut wird.
 
 
 Quelle:
 http://www.profil.at/export/profil/p_content.php3?xmlval_ID_KEY[]=0020&xmlval_AUSGABE[]=2001_42&mdoc_id=2953467
 
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 relayed and comments by:  bademeister@quintessenz.at
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 terror und ueberwachung sind geschwister
 http://www.bigbrotherawards.at
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 edited by Harkank
 published on: 2001-10-14
 comments to office@quintessenz.at
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